Universitäten als Wegbereiter des Wandels

Die Freie Universität Berlin und ihre Partnerhochschulen der „University Alliance for Sustainability“ verfolgen einen ganzheitlichen institutionellen Ansatz.

Blühender Campus der Freien Universität (FU) Berlin

Wenn Katrin Schweigel aus dem Fenster sieht, blickt sie auf einen blühenden Campus – Blumenwiesen statt trister Rasenflächen. Um das zu schaffen, haben sich an der Freien Universität Berlin Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit der technischen Abteilung sowie der Stabsstelle Nachhaltigkeit und Energie der Hochschule zusammengetan. Jetzt sprießt es draußen nicht nur bunt und vielfältig, Studierende untersuchen die Testflächen auch für ihre Masterarbeiten. Sie erforschen, wie sich Tier- und Pflanzenwelt entwickeln. „Das ist ein gutes Beispiel für unseren ganzheitlichen Ansatz für Nachhaltigkeit“, sagt Katrin Schweigel. „Es geht um die systematische Verknüpfung von Forschung, Lehre, Campus-Management und Wissenstransfer.“

Schweigel ist Managerin des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierten Projekts „University Alliance for Sustainability (UAS)“. Die Freie Universität Berlin, die Hebräische Universität Jerusalem, die Universität Peking, die Staatliche Universität Sankt Petersburg und die Universität von British Columbia bilden die UAS, die vom DAAD-Programm „Strategische Partnerschaften und Thematische Netzwerke“ gefördert wird. In dieser Hochschulallianz bündeln die fünf Partneruniversitäten ihre Stärken, um gemeinsam zum Erreichen der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDGs) beizutragen.

„Wir verstehen uns als lebendes Labor“

„Mit mehr als 30.000 Studierenden und 4.500 Beschäftigten ist die FU Berlin so etwas wie eine Kleinstadt“, sagt Katrin Schweigel. „Im Nachhaltigkeitsbereich verstehen wir uns als lebendes Labor, das Innovationen in der Realität testet. Die Ergebnisse können dann in die Gesellschaft ausstrahlen.“ Darum geht es auch der Partneruniversität im kanadischen Vancouver. Bereits seit den 1990er-Jahren setzt die Universität von British Columbia (UBC) auf Nachhaltigkeit in allen Bereichen und gehört dabei zu den führenden Hochschulen weltweit. Für die anderen Partner der Allianz ist die UBC mit ihrer langjährigen Erfahrung eine Inspiration.

Teilnehmende des „spring campus“, einer Konferenz der UAS

Besonders das Programm SEEDS (Social Ecological Economic Development Studies) der UBC war ein Vorbild für den Kompetenzbereich „Nachhaltige Entwicklung“ an der FU Berlin. Damit sich Nachhaltigkeit in der Mitte der Universität verankert, können Studierende der Freien Universität Berlin seit dem Wintersemester 2018/2019 Lehrveranstaltungen aus diesem neuen Kompetenzbereich wählen. Die vier zugehörigen Module „Nachhaltigkeit managen“, „Nachhaltigkeit erforschen“, „Nachhaltigkeit konkret gestalten“ und „Nachhaltigkeit kommunizieren“ sind im Studienbereich Allgemeine Berufsvorbereitung der Bachelorstudiengänge angesiedelt. Die Lehrangebote thematisieren die 17 SDGs und orientieren sich am Lehr- und Lernkonzept „Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Allein im Sommersemester 2020 belegten 280 Studierende verschiedener Fachbereiche neun Seminare in diesem Kompetenzfeld.

„Auch wir lernen eine Menge von den anderen“, betont Victoria Smith, Direktorin für regionales und internationales Nachhaltigkeitsengagement an der UBC in Vancouver. Das Herzstück der Zusammenarbeit ist die jährliche UAS-Konferenz im Frühjahr mit jeweils 120 bis 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Bei Lehr- und Management-Workshops werden innovative Ansätze diskutiert und Best-Practice-Beispiele ausgetauscht. In Workshops werden die neuesten Forschungsergebnisse vorgestellt und mögliche Kooperationsprojekte entwickelt. Neben Studierenden und Lehrpersonal nehmen auch andere Beschäftigte der Universitäten teil, etwa aus dem Energie-Management. Das entspricht dem ganzheitlichen Ansatz, Menschen aus der gesamten Universität in einen Dialog zu den SDGs einzubinden.

Netzwerken im virtuellen Raum

Die UAS hatte bereits vor der Corona-Pandemie auf Live-Streams und virtuelle Keynotes gesetzt, um möglichst viele Studierende und Fachleute zu erreichen. 2020 ging die UAS noch einen Schritt weiter und organisierte von Berlin aus das große Netzwerktreffen als vollständig digitales Event. Zu neuen digitalen Wegen gehört auch die Sustainability Toolbox: eine Online-Lehr- und Lernplattform, die umfassende Informationen zu Nachhaltigkeitsthemen in Lehre, Forschung und Campus-Management bietet und den internationalen Austausch der UAS in diesem Bereich nachhaltig unterstützen wird.

„Die UAS ist eines der besten Beispiele für internationale Hochschulzusammenarbeit zum Thema Nachhaltigkeit“, lobt die Kanadierin Smith, die mit der UBC in vielen Kooperationen weltweit eingebunden ist. Smith ist gespannt auf die Zeit nach der Pandemie. Trotz der vielfältigen digitalen Möglichkeiten der Zusammenarbeit findet sie: „Nichts kann den persönlichen Kontakt ersetzen.“ Denn nur im intensiven Austausch fänden sich tragfähige Lösungen für das zentrale Thema Nachhaltigkeit.