„Nur mit Bildung erreichen wir auch andere Nachhaltigkeitsziele“

Andrej Safundzic will das Leben möglichst vieler Menschen verbessern. Mit dieser Motivation hat der 23-Jährige schon mehrere erfolgreiche Start-ups gegründet. Safundzic hat ein Bachelorstudium an der Technischen Universität München und – über ein DAAD-Jahresstipendium – an der Harvard University absolviert. Derzeit studiert er an der kalifornischen Stanford University Informatik und Business Administration, auch dafür erhielt eine DAAD-Förderung.

DAAD-Alumnus und Start-up-Gründer Andrej Safundzic

Herr Safundzic, schon mit 18 Jahren haben Sie ein Bildungs-Start-up in Uganda gegründet. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Viele Hilfsprojekte funktionieren nicht gut, weil die Nichtregierungsorganisationen dahinter zu groß und bürokratisch sind. Wenn man schnell ein Problem lösen will, geht das besser mit einem Start-up. Ich hatte persönliche Kontakte zu einer Schule in Uganda, einem der ärmsten Länder der Welt, und habe überlegt, bei welchem Problem ich am besten helfen kann. Wegen der hohen Jugendarbeitslosigkeit schlagen sich die meisten jungen Leute in Uganda als Kleinunternehmerinnen und -unternehmer durch. In den Schulen lernt man aber gar nichts über Unternehmertum. Das wollten meine Mitgründer und ich ändern.

Wie sind Sie vorgegangen?
Wir haben das Start-up „EduGlobe“ gegründet, ein Curriculum entwickelt, die Lehrerinnen und Lehrer an der Schule trainiert und das Projekt dann weiter begleitet. Sehr bald hatten auch andere Schulen Interesse. Weil es so gut lief, haben wir die Idee 2017 für ugandische Universitäten ausgebaut: Diese neue Initiative – „StartHubAfrica“ – hilft Studierenden bei der Existenzgründung. Am Anfang wurde das Projekt komplett von einer Stiftung und durch Crowdsourcing finanziert, inzwischen werden auch Schulungen für ugandische Unternehmen angeboten, die dafür bezahlen.

Hochwertige Bildung für alle Menschen gehört zu den nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen. Wie sehen Sie den Stellenwert von Bildung – und inwieweit trägt Ihr Engagement dazu bei, sie zu fördern?
Bildung ist die unverzichtbare Voraussetzung dafür, auch andere Nachhaltigkeitsziele zu erreichen – eine Welt ohne Hunger und Armut, bessere Gesundheit, weniger Ungleichheit. Es war großartig zu sehen, dass viele Menschen, die wir weitergebildet hatten, danach tatsächlich besser leben konnten. 2018 bin ich mit einem DAAD-Stipendium nach Harvard gegangen. Dort habe ich überlegt, wie ich noch mehr Menschen erreichen kann. Als ich etwas über den deutschen Bundeshaushalt las, kam mir die Idee, dass schon kleine technische Verbesserungen in bestimmten Abläufen hohe Einsparungen bringen würden – Geld, das man zum Beispiel für Schulen verwenden könnte. Ich habe daraufhin einfach an Kanzleramtsminister Helge Braun gemailt. Er war tatsächlich interessiert! So konnte ich „Tech4Germany“ gründen.

Das Start-up motiviert junge, talentierte Softwareentwicklerinnen und -entwickler sowie andere Fachleute dazu, drängende IT-Probleme des Bundes zu lösen. Wie funktioniert das?
Die Techies werden völlig unbürokratisch rekrutiert, es gibt zum Beispiel keine formale Ausschreibung. Sie arbeiten drei Monate lang für die Bundesregierung und bekommen dafür ein Stipendium. Inzwischen haben wir mit fünf Bundesministerien an acht Projekten gearbeitet. Die ersten Stipendiatinnen und Stipendiaten haben zum Beispiel eine Online-Auktionsplattform entworfen, auf der die Verwaltung Waren verkauft, die zum Beispiel der Zoll beschlagnahmt hat. Im März 2020 hat Tech4Germany den Hackathon #WirVSVirus mitorganisiert, um kreative Lösungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zu finden.

Im September 2020 ging „Tech4Germany“ in einem neuen Bundesunternehmen auf. Sie hatten die Leitung des Start-ups bereits 2019 an Ihre Mitgründerinnen abgegeben – warum?
Sie werden das Unternehmen viel besser weiterführen, als ich es jemals könnte. Meine Stärke ist das Gründen selbst und weniger das Expandieren. Ich finde, dass viele Leute zu risikoavers sind – darum mache ich lieber etwas Risikoreiches.

Ist Kalifornien immer noch der beste Ort für IT-Gründer?
Absolut, die Atmosphäre ist einzigartig! Anderswo heißt es: „Gute Idee, aber was ist, wenn…?“ Hier spürt man statt Skepsis unheimlich viel Hoffnung. Deshalb entstehen in Kalifornien die großen Tech-Unternehmen. Ich finde allerdings, dass man immer den Sinn von Start-ups im Blick behalten muss. Das Wichtigste ist für mich der gesellschaftliche Mehrwert.

 

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